In der rechtshistorischen Literatur wurde bislang einhellig die Auffassung vertreten, dass ein mittelalterliches gerichtliches Verfahren selbst die Gefahr eines Prozessverlustes in sich barg. Vor allem das sachsische Recht galt als uber die Massen formstreng. Gewinn und Verlust der Sache hingen danach von hergebrachten Worten und Formeln sowie symbolischen Handlungen, die der Sachwalter je nach Prozesssituation gebrauchen musste, ab. Die Schoffen und insbesondere die Gegner lauerten auf jeden Fehler in Wort und Gebarde. Die beobachtete Strenge hatte dem gerichtlichen Formalismus langst die Bezeichnung Gefahr eingetragen. Anhand heute zuganglicher Quellen kann nun das Bild vom irrationalen Formalismus wesentlich korrigiert werden. Allenfalls das Beweisrecht war von Formstrenge gepragt, wobei Formverstosse oft beseitigt werden konnten.